Die Suche nach spannenden Themen für das HOCHEDEL Magazin führt mich vielfach an weit entfernte Ziele in aller Welt. Und doch stelle ich immer wieder fest: Für aussergewöhnliche Geschichten muss man gar nicht weit reisen. Vieles, das es wert ist erzählt zu werden, findet ganz nah, nämlich hier in der Schweiz statt. Zum Beispiel in Fleurier, wo Zeit im Mittelpunkt steht und diese in grossartige Kreationen verwandelt wird. In Gibswil ZH, wo zeitüberdauernde Werte gestaltet werden, oder in Neuchâtel, wo man eine wunderbare Auszeit geniessen kann. Lassen Sie uns also aufbrechen zu einer Zeitreise, die uns in die Vergangenheit mitnimmt und die Zukunft zeigt.
Es war 1980 als Michel Parmigiani zum ersten Mal mit der Sandoz Familienstiftung zusammentraf: Der talentierte Uhrmacher und Uhrenrestaurator, der sich in seiner Werkstatt mit beeindruckendem handwerklichem Können den mechanischen Wundern der Vergangenheit widmete, wurde mit der Restauration der antiken Automaten- und Taschenuhren-Sammlung der Stiftung beauftragt. Die Kombination aus Kompetenz und Leidenschaft, die aus dieser Arbeit sprach, legte den Grundstein für die Gründung der gemeinsamen Marke Parmigiani Fleurier im Jahr 1996. Wer – wie wir heute – eine Führung durch das Hauptwerk in Fleurier erleben darf, dem eröffnet sich eine wahre Welt der Haute Horlogerie. Alle Komponenten fliessen hier zu einzigartigen Kollektionen zusammen, jede Uhr ist ein Meisterstück an Perfektion. Dass das vergleichsweise junge Unternehmen, welches 650 Mitarbeiter beschäftigt, das enorme Knowhow aus 500 Jahren Uhrengeschichte in sich vereint, ist nur eine der Besonderheiten von Parmigiani Fleurier. Für Martin Tobler, der den Stab des General Managers gerade an seinen Nachfolger Bruno Jufer übergibt, sei das entscheidende Privileg, dass das Unternehmen die gesamte Herstellung im eigenen Haus übernimmt. Entwicklung und Design, Gehäusefertigung und Zifferblätter, Uhrwerke, Komplikationen, Tourbillons – jedes noch so kleine Teil wird im Parmigiani Watchmaking Centre, das fünf Geschäftsbereiche an vier Standorten umfasst, eigens produziert und perfekt ins grosse Ganze eingefügt.
Wer miterlebt, wie bei Parmigiani die haarfeinen Stundenlinien manuell auf das Zifferblatt aufgebracht, wie kleinste Ziffern handverlötet oder Oberflächen mit minimalen Farbflächen verziert werden, der erkennt: Hier werden höchste Ansprüche an handwerkliches Können erfüllt, hier sind Hingabe, eine ruhige Hand und ein perfektes Auge zwingende Voraussetzung. Fähigkeiten, die auch im Unternehmen von Walter Alberti unabdingbar sind: Der Inhaber der Real Stein AG, der mich begleitet, hat seine Philosophie ebenfalls ganz auf Präzision und Handwerkskunst ausgerichtet. Obwohl er in grösseren Dimensionen produziert, sind die einzelnen Arbeitsschritte von detailgenauer Sorgfalt geprägt. Während bei Parmigiani mit Edelmetallen wie Stahl, Gold und Platin gearbeitet wird, kommen bei Alberti handverlesene Natursteine zum Einsatz, um die Wünsche seiner anspruchsvollen Klienten zu erfüllen. Marmor, Granit, Quarzit und Schmucksteine (aus der Preciousstone Collection) kommen bei seinen hochwertigen Raumgestaltungen zur Verwendung – mit rund 900 Gesteinsarten für massgefertigte Innenausbauten, Badlandschaften, exklusive Küchenarbeitsflächen oder auch spezielle Designobjekte. Sie alle präsentieren sich als individuelle Unikate; Jahrmillionen alte Zeitzeugen, gezeichnet durch ihre unterschiedlichen Maserungen und vielfältigen Farbspiele. Durch Veredelung und Oberflächenbehandlung erzielen die Spezialisten von Real Stein zudem variantenreiche Texturen und Wirkungen, exakt zum persönlichen Stil und zum jeweiligen Raumkonzept des Kunden passend. Inwieweit auch Parmigiani auf individuelle Wünsche eingeht, wollen wir wissen. Das eigens für den König von Thailand angefertigte Uhrenmodell mit dem aufwändigen Wappen kann diese Frage beantworten.
Es ist an der Zeit, die Kollektionen von Parmigiani Fleurier näher zu betrachten. Aus der Entscheidung der Sandoz Familienstiftung und Michel Parmigianis, alle Herstellungsprozesse in-house abzuwickeln, sind fünf Kompetenzzentren in Fleurier, Alle, La Chaux-de-Fonds und Moutier gewachsen. Jedes davon mit eigenen Aufgaben und perfekt darauf ausgerichtet, die eigenen hohen Qualitätsstandards zu erfüllen. Dank dieser in der Branche einzigartigen Struktur hat das Unternehmen in 22 Jahren sechs Kollektionen und 33 unternehmensintern entwickelte Uhrwerke hervorgebracht, darunter vier Weltneuheiten. Und ja, man sieht sie sofort: Die Leidenschaft und Präzision, mit der jede Parmigiani Armbanduhr gemacht ist. Zum Beispiel am perfekten Übergang zwischen Gehäuse und Titan-/Edelstahlband der TONDA MÉTROGRAPHE – der Anstoss ist meisterhaft gearbeitet. Das markante Zeigerdesign der PANTOGRAPHE-Modelle aus der Oval-Serie ist eine Hommage an die Vergangenheit – früher als Zeichengeräte zum Vergrössern und Verkleinern verwendet, lebt der Pantograf als ungewöhnliches Designelement hier wieder auf. Mit seiner Komposition aus strahlendem Roségold und intensivem Blau präsentiert sich der KALPA KALPAGRAPHE CHRONOMETER als eines von vielen gelungenen Modellen der Kalpa-Serie, deren stromlinienförmiges Rechteckgehäuse ein Statement klassischer Eleganz darstellt – ergänzt vom edlen Hermès-Lederband. Hier und da gibt das Zifferblatt den Blick ins Innere frei, das nicht weniger beeindruckt – mit Hunderten massgenau ineinander greifender Einzelteile, auch diese aufwändig verziert, mit reibungslos arbeitender Mechanik, mit den integrierten Rubinen und Tourbillons. Die Fertigung der Komponenten erfordert sowohl Ingenieurskunst und Computerwissen als auch den Umgang mit High-Tech-Maschinen. Zugleich sind es die handwerklichen Operationen, die das Kaliber so wertvoll machen und es als Haute Horlogerie definieren. Dies wusste auch Bugatti zu schätzen, als man 2001 auf der Suche nach einem adäquaten Partner war. Durch ihre aussergewöhnliche Form und nebeneinander liegender anstatt geschichteter Werke spiegeln die Bugatti Type Modelle signifikant die Leidenschaft beider Unternehmen für herausragende Ergebnisse. Parmigiani Fleurier erschafft mit jeder Uhr ein Stück Zeitgeschichte, die ein Kennenlernen lohnt. Haben Sie Zeit?
Dass wir für diese Zeit-Reise das hotel palafitte wählen, ist naheliegend. Direkt am Ufer des Neuenburgersees gelegen ist es nur eine kurze Fahrt von Fleurier entfernt. Darüber hinaus ist es Teil des Hotelportfolios der Sandoz Familienstiftung. Der Name palafitte verrät seine Besonderheit: Es besteht aus dem Haupthaus am Ufer und Seepavillons, die auf Pfählen gebaut direkt über dem Wasser thronen – ein Stil, den man eher von den Malediven kennt. Hier in Europa ist es das einzige Pfahlbauten-Hotel. 2002 anlässlich der Schweizerischen Landesausstellung errichtet, ist es von schlichter Eleganz und geradliniger Architektur geprägt. Mit exklusiver Atmosphäre und zeitgemässem Design überzeugt das Innere der Pavillons, an das eine private Terrasse mit freiem Blick über den See anschliesst. Ideal für eine Auszeit!