Maike Weyrich ist Web-Designerin. Wenn Sie jetzt an Internetseiten denken, liegen Sie falsch. Zwar sind ihre handgefertigten Unikate auch in den neuen Medien präsent, für die Herstellung aber greift die Hamburgerin auf ein Gerät zurück, das schon mehr als 100 Jahre alt ist.
Beeindruckend gross steht der mächtige alte Handwebstuhl in der offenen Werkstatt der Webmanufaktur in Hamburg. Könnte er sprechen, hätte er bestimmt einiges zu erzählen. Von seiner Vergangenheit in der ehemaligen DDR, wo ihn Maike Weyrich entdeckt und sofort gekauft hat. Von seiner Renaissance als wichtigstes Arbeitsgerät im Atelier der Meisterin. Oder von den Geheimnissen, die in den einzigartigen Stoffen verwoben sind, aus denen dann die faszinierend schönen Unikate gefertigt werden. Denn Einzigartigkeit gehört zur Philosophie der Webmanufaktur, hier gibt es keine Produktion von der Stange, kein Stück ist wie das andere. Ausschliesslich die hohe Qualität der Materialien und die Perfektion in der Verarbeitung ist allen Stücken gemein. Schon von klein auf hat die Liebe zum Handwerk Inhaberin Maike Weyrich begleitet. Deshalb lag es nahe, nach ihrer Lehre zur Handweberin ihren Meister in dieser Kunst zu machen. Nach einem speziell auf Handwerk ausgerichteten BWL-Studium und einer Ausbildung im Bereich Innenraumdekoration arbeitete sie als Designerin für Möbelstoffe, entwarf Gardinen, Tischwäsche und Polsterbezüge. Vor sieben Jahren ging sie dann den Schritt in die Selbstständigkeit - und der grosse Handwebstuhl startete sein Comeback. Seither wird ihre Webmanufaktur als Geheimtipp gehandelt. Der Erfolg liegt dabei aber nicht in kurzlebigen Fashiontrends begründet, wenngleich Maike Weyrich sich hier durchaus Inspirationen holt. Vielmehr sind es die hochwertige Handarbeit und die ungewöhnlichen Materialien ihrer Kreationen, die zu zeitlos schönen und lange tragbaren Lieblingsstücken werden. Obschon das Angebot viele extravagante Damenmodelle umfasst, sind die Herrensakkos zum Kerngeschäft - und zum Namensgeber der Manufaktur - geworden.
Wolle, Leinen, Kaschmir, Seide, Fell, Leder, Federn oder Perlen - bei Maike Weyrich werden die vielfältigsten Materialien zu traumhaften Stoffen verwoben, oft in unkonventioneller Kombination und in besonderer Farbgebung. Nicht nur der Anblick, auch die Haptik der Oberflächen ist ein Erlebnis: Grobe Strukturen aus Glattleder, feine Fischgratoptik aus edlen Garnen, eingewebte erhabene Bänder, pelzverbrämte Krägen oder lederbesetzte Revers - hier gibt es nichts, was es nicht gibt. Der Kunde hat von Beginn an ein Wort mitzureden; zwar kann er sich von den in der Werkstatt hängenden Kleidungsstücken und Accessoires inspirieren lassen, doch eigene Wünsche und Vorstellungen, der Einsatzbereich Business, Abend oder Freizeit entscheiden über das Ergebnis. Besonderen Wert legt Maike Weyrich auf einen typgerechten Entwurf. Nach dem ersten Gespräch webt sie ein Muster an, um dem Kunden eine reale Vorstellung von Material und Optik zu geben. Ist der Stoff fertig, kommt die Massschneiderin der Webmanufaktur zum Zug. Nach ein oder zwei Anproben im Atelier oder beim Kunden zu Hause ist das edle Einzelstück soweit, dass das Futter gewählt und das Sakko fertiggestellt werden kann. Nicht fehlen darf das Markenzeichen der Inhaberin: der enge Stich der handgemachten Futternaht und das Etikett, welches nicht nur den Hinweis auf Herkunft und Handarbeit gibt, sondern auch den Namen des Kunden trägt. Vom ersten Gespräch bis zur Übergabe braucht der Schaffungsprozess drei bis vier Wochen Zeit, dann besitzt man ein handwerkliches Designstück der Meisterklasse. Auf die Frage nach ihrer neuesten Vision in Sachen „Web-Design“ kommt von Maike Weyrich sofort die Antwort: Ein lässiges Sakko aus Kaschmir und Seide mit einer Kapuze aus Leder. An alle Herren also: Casual ist erlaubt, aber bitte edel und einzigartig.