Sechs Propeller lassen den Flieger sanft abheben. Von seinem Standplatz geht es senkrecht nach oben, zwischen den Hochhäusern der City hindurch, bis diese nur noch aus der Vogelperspektive wahrzunehmen sind. Zurücklehnen, vom bequemen Sitzplatz aus durch die Panoramafenster die Silhouette der Stadt geniessen und nach wenigen Minuten Flugzeit direkt am Zielpunkt ankommen. Klingt faszinierend – und nach filmreifer Utopie, oder? Ist es aber nicht: Denn die sogenannten eVTOLs stehen schon bereit zum Abflug. Ab dem kommenden Jahr werden die ersten vollelektrischen, wendigen Flugtaxis über den Grossstädten schwirren – und eine neue Dimension urbaner Mobilität einläuten.
Hätten Sie gewusst, was sich hinter eVTOL verbirgt? Uns war der Begriff bisher nicht geläufig. Es ist die Abkürzung für «electric Vertical Takeoff and Landing» und beschreibt, was die neuen urbanen Flugdrohnen ausmacht: Sie fliegen rein elektrisch und können durch ihre Konstruktion mit mehreren kippbaren Rotoren senkrecht starten und landen. Dadurch kommen sie ohne Start- und Landebahnen aus und können im Grunde von jedem Helikopterlandeplatz aus fliegen. Gerade in den grossen Metropolregionen verleiht das der Mobilität Flügel und bietet ein ganz neues Komfortniveau: Vom Businessmeeting im Stadtzentrum mal eben zum nächsten Airport? Kein Problem. Mit der Familie von einer Grossstadt zur anderen? Aber gerne. Und zwar zeiteffizient auf direktem (Luft-)Weg und auf umweltfreundliche Art. Das Konzept von nachhaltiger urbaner Punkt-zu-Punkt-Verbindung ist allen eVTOLs gemein, dennoch gibt es Unterschiede: bei der Reichweite, die von ca. 15 bis 200 km geht, bei der Passagierkapazität von 2 bis 6 Personen oder beim Flug selbst, welcher völlig autonom oder mit Pilot erfolgt.
DREAMS COME TRUE
Ein Beispiel ist das elektrische Air Taxi von Joby Aviation. Der elegante Innenraum vermittelt ein Gefühl wie in einem hochwertig ausgestatteten SUV und bietet komfortabel Platz für vier Personen. Vorne sitzt der Pilot und übernimmt über das digitale Netzwerk die Steuerung. Während man im herkömmlichen Helikopter nicht ohne schalldämmende Kopfhörer auskommt, ist der Geräuschpegel hier im elektrischen Flugtaxi angenehm leise und erreicht allenfalls Gesprächslautstärke. Eine der geplanten Strecken wird den Heliport in Downtown New York City mit dem internationalen JFK Airport verbinden – in sagenhaften sieben Minuten. Hinter Joby Aviation stehen 1.500 Ingenieure und Experten an fünf Standorten in den USA und in Deutschland. Es sind also beileibe keine visionären Startups mit kühnen Einzelprojekten, welche die eVTOLs entwickeln und bauen. Es sind Grossunternehmen aus Luftfahrt, Industrie und Hightech mit Hunderten Mitarbeitern und namhaften Investoren.
AN AIRCRAFT. PARKED AT HOME.
Es geht noch besser: Einige eVTOL-Modelle sind auch für private Käufer verfügbar. Statt des Zweitwagens parkt dann der eigene Elektro-Jet in der Garage und ermöglicht umweltfreundliche (Aus-)Flüge. Airev, ein israelisches eVTOL-Unternehmen, hat mit seinem Air One-Modell einen kompakten Zweisitzer entwickelt, welcher voll aufgeladen eine Reichweite von etwa 60 km schafft und autonom geflogen wird. Wer es noch exklusiver, grösser und weiter möchte, schlägt bei Lilium zu: Der eVTOL-Spezialist mit Hauptsitz in Wessling bei München hält mit seinem Pioneer Edition Jet ein exklusives Premiummodell bereit, welches Platz für den Piloten sowie 4 bis 6 Passagiere bietet und mit einer Reichweite von rund 175 km ordentlich Strecke macht. Eine limitierte Stückzahl des edlen Modells wird Privatkäufern zur Verfügung gestellt und über den amerikanischen Vertriebspartner EMCJET angeboten.
Innovation und technischer Fortschritt setzen uns immer wieder in Erstaunen und sorgen für Faszination. Dass Elektrodrohnen bald zum selbstverständlichen Stadtbild und autonomes, digital gesteuertes Fliegen zum Alltag gehören werden, ist noch immer kaum vorstellbar. Doch schon im kommenden Jahr werden die ersten eVTOLs zum Einsatz und unserem mobilen Komfort zugute kommen. Unter anderem in Paris: Der deutsche eVTOL-Spezialist Volocopter plant, pünktlich zu den Olympischen Sommerspielen in Paris die ersten Flüge aufzunehmen: Mit dem Lufttaxi VoloCity werden Strecken innerhalb der Stadt geflogen, mit dem Passagierflugzeug VoloRegion längere Strecken im 100 km-Radius zwischen City und Umland bedient. Zusätzlich ergänzt die Frachtdrohne VoloDrone das innovative Flugtrio. Dank der schnellen Verbindungen bleibt also zukünftig mehr Zeit in der Seine-Metropole, um französische Lebensart, Kunst, Kultur, Mode und Kulinarik zu geniessen.
SAFETY FIRST
Hightech bei Konstruktion und Material sowie stabile, intelligente Netzwerkstrukturen erfüllen höchste Qualitäts- und Sicherheitsstandards. Darüber hinaus arbeiten die eVTOL-Hersteller engmaschig mit den Gremien der Stadtentwicklung und Kontrollbehörden zusammen, um geeignete Streckennetze festzulegen, um regulatorische Massnahmen zu definieren und um so den sicheren Flugbetrieb der elektrischen Drohnenflieger zu gewährleisten.
Es ist eine riesige Bewegung: Weltweit sind eVTOL-Entwicklungszentren, Produktionsstätten und Testzentren entstanden. Rund um den Globus wurden Tausende Testflüge absolviert, um die eVTOLs sicher, alltagstauglich und serienfähig zu machen. In Kürze ist es soweit. Wir sind gespannt, was uns in der realen Welt der Urban Air Mobility erwartet, welche mehr Lebensqualität, weniger Stau und Lärm für die Städte verspricht. Ein Flug im eVTOL dürfte aber auch ein ganz neues Lifestyle-Erlebnis sein: In einem selbstfliegenden Lufttaxi Platz zu nehmen oder, besser noch, das eigene futuristische Drohnenflugzeug zu fliegen, mit ihm über eine Metropole zu gleiten und damit einzigartige Aus- und Überblicke zu geniessen – das verspricht wahrhaftig Hochgefühle. Es gibt wohl kaum einen besseren Weg, um effiziente Mobilität mit Nachhaltigkeit und Komfort zu verbinden. Nächstes Jahr beginnt die neue Ära. Sind Sie bereit für den Senkrechtstart?
URBAN AIR MOBILITY
www.jobyaviation.com
www.airev.aero
www.volocopter.com
www.lilium.com